Ein neues Medium entsteht: Der Rundfunk
Von Ingo Rosenblath, 2008
Überblick
Seit über 80 Jahren gibt es jetzt in Deutschland einen regelmäßigen Unterhaltungsrundfunk. Am 29. Oktober 1923 wurde aus dem Berliner Vox-Haus die erste Sendung „ zur Belehrung und Unterhaltung“ ausgestrahlt.
Aber so neu war die Funktechnik 1923 schon gar nicht mehr. Bereits 1897 führten Prof. Slaby und Graf v. Arco Funkversuche vom Turm der Sacrower Heilandskirche zu einer Marinestation an der Glienicker Brücke durch. Die Entfernung betrug zwar nur 1,6 km, aber bereits 1 Jahr später gelangen Ferdinand Braun Funkverbindungen zwischen Cuxhaven und Helgoland.
International führend war zu dieser Zeit der Italiener Gugliemo Marconi, der bereits 1885 mit der drahtlosen Übertragung von Morsezeichen begann und 1900 eine Gesellschaft für Seefunkverkehr gründete. In Deutschland hatten zu dieser Zeit diverse Firmen nichts wichtigeres als Patentstreitigkeiten im Sinn und so geriet man ins Hintertreffen. Wilhelm II musste 1906 schlichten und wenig später kam es zur Gründung der Telefunken-Gesellschaft.
Man errichtete eine Versuchsstation in Nauen. Diese Station sollte zum Zentrum des kommerziellen Nachrichten-Überseeverkehrs werden. 1907 wurde die Küstenfunkstation „Norddeich Radio“ fertiggestellt. Ab 1913 begann der Aufbau einer „Funkstelle für militärische Dienste“ in Königs-Wusterhausen.
Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde die Übermittlung von militärischen Nachrichten kriegswichtig. Die Erweiterung der Anlagen erfolgte unter Leitung von Dr. Hans Bredow. Sein Traum war ein Funk an alle, ein Rund-Funk. Bislang wurden aber ausschließlich Morsezeichen übermittelt, aber mit Aufkommen der Fernsprechtechnik entstand natürlich der Wunsch, die menschliche Stimme oder auch Musik zu übertragen.
Im Ergebnis des ersten Weltkrieges übernahm die Reichspost die Königs-Wusterhausener Funkstation und baute sie zur „Hauptfunkstelle“ aus. Ab Weihnachten 1920 wurden von Königs-Wusterhausen aus zu Feiertagen Instrumentalmusik übertragen. Empfangen werden konnten sie im Ausland und von behördlichen Empfangsstationen in Deutschland. Für Privatpersonen war der Empfang in Deutschland verboten.
1922 wurde der deutsche „Wirtschaftsrundspruch“ eröffnet. Dies war ein Service für Banken und Unternehmen zur schnellen Verbreitung wichtiger Nachrichten und Börsenkurse. Während in anderen Ländern ein freier Empfang von Funksignalen möglich war, sah man in Deutschland die Gefahr, dass die Meldungen aus diesem Nachrichtendienst an Privatpersonen gelangen könnten.
Am 29. Oktober 1923 beginnt in Deutschland der Unterhaltungsrundfunk mit den Worten: “Achtung, Achtung, hier ist Berlin auf Welle 400 Meter“. Gesendet wird mit einem aus Postbeständen zusammen gebauten 250 Watt Sender. Diese erste Übertragung endete mit den Worten: “Vergessen sie nicht, die Antenne zu erden.“
Die Eröffnung fiel mitten in die Zeit der Inflation und für eine Empfangsgenehmigung mussten 350 Milliarden Mark bezahlt werden. So kam es, dass in den ersten Monaten nur einige hundert Hörer angememeldet waren. Man schätzt aber, dass es zehntausende Schwarzhörer gab, die sich als „Zaungäste“ bezeichneten. Der Empfang war stark regelementiert, es durfte nur ein Bereich empfangen werden, der etwa dem heutigen Mittelwellenbereich entspricht. Die Empfänger wurden von der „Reichs-Telegraphen-Verwaltung“ mit einer Banderole versiegelt.
Wie sah nun eine solche „Empfangsanlage“ aus? Sie bestand aus einem 15-20m langen, möglichst hoch ausgespanntem Draht, als Antenne, einer Verbindung mit der Wasserleitung als Erde und einem Detektorempfänger mit einem Kopfhörer. Der Detektorempfänger war ein Holzkästchen mit einer eingebauten Spule und einem Drehkondensator, darauf steckte der Kristalldetektor zur Gleichrichtung des empfangenen Signals. Wenn der Rundfunksender in der Nähe war, Antenne, Erde und Kopfhörer angeschlossen waren, konnte es losgehen: Man setzte sich die Kopfhörer auf und begann vorsichtig mit der Feder eine Stelle auf dem Kristall zu finden, die eine gute Gleichrichtung ergab.
Jetzt konnte man, meist nur ganz leise, die Darbietungen des Senders genießen. Aber auch nur eine kleine Erschütterung konnte die Federspitze auf dem Detektor verrutschen lassen und die geduldige „Herumstocherei“ musste aufs neue beginnen.
Der Detektorempfänger, leicht auch im Eigenbau herzustellen, ermöglichte auch der finanziellen Mittelschicht die Teilnahme am Rundfunk. Röhrenempfänger waren einer kleinen, begüterten Oberschicht vorbehalten. Ein weiterer Vorteil des Detektors: Er benötigte keine zusätzliche Energie, verursachte also während des Betriebes keine weiteren Kosten.
Es ist auch heuet noch ein Erlebnis, mit einem Detektor einen Empfangsversuch zu unternehmen.
Das Radio erobert Thüringen
Der erste Berliner Radiosender war nur im Stadtgebiet zu empfangen. Bereits Anfang 1924 wurde ein leistungsstärkerer Sender gebaut, aber in Thüringen war mit einem Detektorempfänger noch kein Empfang möglich. Am 1. März 1924, zur Frühjahrsmesse wurde im Leipziger Messamt ein 250 Watt-Radiosender aufgestellt. Zum Betrieb gründete sich die „Mirag“, die Mitteldeutsche Rundfunk AG.
1925 wurde das Leipziger Programm von einem leistungsfähigeren Sender ausgestrahlt und das Radiofieber befiel nun auch Thüringen.
Aber die Empfangsbedingungen waren alles andere als ideal und oftmals mussten die Hörer an den Detektorradios förmlich in ihre Kopfhörer kriechen um etwas zu hören. Immerhin gab es 1925 in Deutschland 1 Million Rundfunkhörer (bei 62,4 Mio Einwohnern).
Viele Firmen witterten jetzt Geschäftsmöglichkeiten und verkauften Radios oder Einzelteile zum Selbstbau. Da man Röhrenradios in größeren Stückzahlen bauen konnte, sanken die Preise etwas, der Betrieb von Röhrengeräten blieb jedoch weiterhin kostspielig.
Zur Funktion nötig war ein Heizakku (der regelmäßig beim Radiohändler aufgeladen wurde) sowie eine Anodenbatterie, die auch nicht ewig hielt und ab und zu erneuert werden musste. Die Radioröhren hatten nicht die Lebensdauer, wie man sie von den Radios der 50er und 60er Jahre her kennt.
1926 brachte die Firma Loewe einen Ortsempfänger, der mit einer Mehrfachröhre bestückt war, auf den Markt. Das besondere an dieser Röhre war, dass sie nicht nur drei Röhrensysteme in einem Kolben besaß, sondern nahezu die gesamte Radioschaltung! Der Rest dieses Ortsempfängers bestand aus einem Kästchen mit EIN/AUS-Schalter, Drehkondensator und zwei Spulen. Mit ihm war bei guten Empfangsverhältnissen ein Lautsprecherempfang möglich. Das Bahnbrechende an diesem Radio war sein niedriger Preis: mit nur 39,50 Mark war das Gerät konkurrenzlos billig. Allerdings mußte man Spulen, Heizakku und Anodenbatterie sowie einen Lautsprecher extra kaufen, aber das war damals auch bei anderen Empfängern üblich. Ein normaler Arbeiter musste also auch für ein solch billiges Gerät mehr als einen Monatslohn ausgeben.
Aufwändige Röhrenempfänger schreckten aber auch mit ihrer Vielzahl an Bedienelementen ab. Da gab es Regler für die Heizung einer jeden Röhre, Rückkopplungen, Ankopplungen, Drehkondensatoren und alles mußte richtig eingestellt sein, damit das Radio dann auch etwas brauchbares von sich gab. Den technischen Aufwand kann man vielleicht anhand der in der Sonderaustellung des Elektromuseums aufgebauten Empfangsanlage nachvollziehen (siehe Bild). Andererseits bemühte sich das neue Medium um Attraktivität.
Ab 1924 begann man mit dem Aufbau eines Rundfunknetzes um die Möglichkeit zu haben von allen wichtigen Orten aus Übertragungen durchzuführen. In unserer Umgebung gab es sogenannte Besprechungsstellen in Erfurt, Weimar, Jena, Eisenach und Sondershausen. Auch konnten damit alle Sender gemeinsame Programme übertragen. Insbesondere bei der Bevölkerung in ländlichen Gebieten warb man mit aktuellen Wetterberichten. Der Rundfunk stellte sich das Ziel politisch neutral zu sein und Meinungen ausgewogen im Programm unterzubringen. Im Jahr 1928 hatte die Zahl der Rundfunkhörer die 2 Millionen erreicht. Um mehr Hörer zu erreichen mußte jetzt der Betrieb eines Radios preiswerter werden.
Das Radio auf dem Weg zum Massenmedium
Etwa 1929 kamen erste Rundfunkempfänger zum Anschluss an das Stromnetz auf den Markt. Dadurch wurden die Betriebskosten gegenüber dem Batteriegerät erheblich reduziert und das Radio wurde für breite Bevölkerungsschichten in der Anschaffung interessant. Einfache Geräte kosteten ab etwa 150 Reichsmark.
Durch den Anschluss an das Stromnetz war das Radio auch ständig verfügbar. Ab etwa 1930 baute man den Lautsprecher mit in das Radiogehäuse ein. Die komplizierte Bedienung der früheren Jahre war auch überwunden, ein einfacher Geradeausempfänger besaß jetzt im allgemeinen drei Bedienknöpfe: Ankopplung, Sendereinstellung, Rückkopplung. Für den Empfang des nächsten Senders war die Einstellung unkritisch, Fernempfang bedurfte aber schon einer feinfühligen Bedienung der Knöpfe.
In dieser Zeit kamen auch die sogenannten Super auf. Dieses Prinzip liegt auch modernen Radios zu Grunde. Hier mussten nur Lautstärke und Senderwahl bedient werden. Die Super waren auch leistungsfähiger als die Geradeausempfänger, leider aber auch teurer.
Anfang der dreißiger Jahre gab es in Deutschland noch immer viele Arbeitslose, die auf keinen Fall in der Lage waren, das Geld für ein Röhrenradio aufzubringen. Deshalb überlegte man in vielen Firmen, ein besonders preiswertes Gerät, einen Volksempfänger, zu konstruieren.
Mit der Machtübernahme Hitlers am 30.Januar 1933 begannen tiefe Einschnitte im Rundfunk. Goebbels wusste um den Wert des Rundfunks als Propagandamaschine und entließ unliebsame Mitarbeiter oder verschleppte sie in Konzentrationslager. Die Sendegesellschaften wurden aufgelöst und zu Reichssendern umgewandelt. So erhielt die NSDAP die absolute Kontrolle über den Rundfunk.
Damit auch jeder „Volksgenosse“ von der Propaganda erreicht werden konnte, forderte man: „Rundfunk in jedes Haus“, wies die Industrie an einen besonders billigen Empfänger nach einheitlichen Plänen in allen Firmen zu produzieren. Für diese Radio war gefordert: Empfang des nächsten Reichssenders auf Mittelwelle sowie des Deutschlandsenders auf Langwelle.
Bereits zur Funkausstellung im August wurde der „VE301“ vorgestellt. Er wurde in den folgenden Jahren millionenfach verkauft. Mit 76 RM kostete er etwa die Hälfte der preiswertesten Markengeräte. 1938 wurde der DKE 38 vorgestellt. Ein Minimalradio zum Preis von 35 Reichsmark. Da man im Rundfunk nun immer mehr Ansprachen hörte, taufte man dieses Gerät im Volksmund „Goebbelsschnauze“.
Aber in dieser Zeit wurde das Radio auch mobil. Die ersten brauchbaren Kofferradios wurden verkauft. Das im Bild gezeigte Radio hat auch die Ausmaße eins dicken Aktenkoffers und bringt etwa 4kg auf die Waage.
Je deutschtümlicher sich der Rundfunk gab, um so mehr wuchs bei den Hörern der Wunsch, auch ausländische Sender hören zu können. So kam es dazu, dass sich auch der Absatz von teueren Radiogeräten steigerte. Bis zum Ausbruch des 2.Weltkrieges war dies auch erlaubt und die großen europäischen Stationen in den Programmheften verzeichnet. Danach war das Abhören von „Feindsendern“ jedoch verboten und wurde mit Zuchthaus und mit Fortschreiten des Krieges auch mit Todesstrafe geahndet.
Zu Beginn des zweiten Weltkrieges zählt man 12,5 Millionen Radiohörer, an dessen Ende sind es 15 Millionen.
Bald zieht der Volksempfänger in die Luftschutzkeller ein und statt Siegesmeldungen muß man nun Luftlagemeldungen hören. Mit dem Ende des zweiten Weltkrieges ist auch das unrühmlichste Kapitel in der Rundfunkgeschichte beendet.
Ein schwerer Anfang – die Nachkriegsjahre
Viele Radios waren 1945 durch Kriegseinwirkungen zerstört oder durch defekte Röhren unbrauchbar, denn Röhren für zivile Radios gab es schon während des Krieges so gut wie nicht mehr. Andererseits war gerade nach 1945 ein riesiges Informationsbedürfnis in der Bevölkerung vorhanden.
In allen möglichen Verstecken hatte die Wehrmacht am Ende des Krieges Funkgeräte und Ersatzteile dafür gelagert, in vielen Firmen war noch Material für die Kriegsproduktion vorhanden. Damit konnten vorhandene Radios repariert werden und neue Radios entstehen. Besonders universell einsetzbar war die für die Wehrmacht gebaute Röhre RV12 P2000. Mit ihr konnten auch viele „zivile“ Röhren ersetzt werden.
Aus diesen Teilen sowie aus alten Funkgeräten bauten jetzt diverse kleine Hersteller einfache Radios auf um sie gegen ein Stück Speck oder andere lebensnotwendige Dinge einzutauschen. Bei diesen „Notradios“ musste sehr oft improvisiert werden. Die Gehäuse wurden aus Kistenholz hergestellt, der Lautsprecherstoff gehörte einmal zu einem Fallschirm und das Blech für das Chassis stammte aus einem abgestürzten Flugzeug.
Die Radiosender wurden von den Besatzern kontrolliert, einige Sender auch für deren eigene Programme benutzt. 1948 wurden auf einer Konferenz in Kopenhagen die Radiofrequenzen neu aufgeteilt. Deutschland wurde bei dieser Konferenz nur durch Abgeordnete der Besatzungsmächte vertreten und bekam nur sehr wenige und „schlechte“ Frequenzen ab. Die Folgen waren für die Rundfunkversorgung der einzelnen Besatzungszonen katastrophal. Oftmals konnten die Sender schon in wenigen Kilometern Entfernung nur noch gestört empfangen werden oder der Empfang war gar nicht möglich.
Ultrakurzwelle - Welle der Freude
Mit einer Besserung dieser Situation in absehbarer Zeit war nicht zu rechnen, so blieb nur der Ausweg in einen neuen Frequenzbereich, das UKW-Band (Ultrakurzwelle). Versuche mit diesen Frequenzen hatte es schon vor dem 2. Weltkrieg gegeben und dafür geeignete Röhren waren auch schon entwickelt worden.
Entsprechend internationaler Abstimmungen wurde im UKW-Band der Frequenzbereich von 87,5 bis 100 MHz für Frequenzmodulation (FM) vorgesehen. Dadurch war es jetzt möglich den gesamten hörbaren Frequenzbereich zu übertragen. Die Frequenzmodulation gestattete große Störfreiheit.
Ein erster UKW-Sender arbeitete bereits 1949 in München. 1951 entstand ein solcher Sender auch auf dem Brocken und auf dem Inselsberg wurden ab 1953 UKW-Sendungen ausgestrahlt.
Anfangs gab es für ältere Radios separate UKW-Vorsatzgeräte zum UKW-Empfang. Für viele der kleinen Firmen endete die Radioproduktion mit der Einführung von UKW, denn man konnte es sich einfach nicht leisten, eigene UKW-Empfangsteile zu entwickeln. Die wenigen Kleinhersteller, die dennoch weiter produzierten, wurden irgendwann unter staatliche Verwaltung gestellt und später größeren Betrieben angegliedert.
Kleine Radioproduzenten im Thüringer Raum waren zum Beispiel das Walter-Funk-Werk in Lauscha, Elektrobau Klare in Sondershausen, Gebrüder Kammlott in Bad Frankenhausen oder John-Radio in Apolda. John-Radio produzierte bis etwa 1960 auch Radios mit UKW. Dieser Betrieb wurde in den sechziger Jahren Stern Radio Sonneberg als Betriebsteil angegliedert.
Die fünfziger Jahre waren geprägt vom wirtschaftlichen Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg. Ein Radio war noch ein Möbelstück mit Edelholzfurnier und goldenen Zierleisten, dem im Wohnzimmer ein repräsentativer Platz gegeben wurde. Die Radios hatten wohlklingende Namen wie Dominante, Undine , Beethoven oder Stradivari. Der größte Thüringer Produzent, Stern Radio Sonneberg, gab seinen Empfängern regionale Namen wie Wartburg, Schwarzburg, Oberhof, Erfurt, Weimar.
Neben den Heimgeräten der 50er Jahre begann das Radio auch mobil zu werden. Kofferradios und Autoradios konnten gekauft werden und waren nun auch halbwegs erschwinglich. Aber ein großer Nachteil haftete den transportablen Geräten immer noch an. Die Elektronenröhren verbrauchten relativ viel Strom und ein Satz Batterien war schnell verbraucht. Ein Autoradio benötigte zur Anodenspannungserzeugung einen Zerhacker und der arbeitete auch nicht immer einwandfrei.
Transistoren
Abhilfe sollte ein neues Bauteil schaffen, der Transistor. 1947 erfunden, dauerte es noch bis in die zweite Hälfte der 50er Jahre, bis man in der Lage war diese Bauteile mit gleichbleibender Qualität zu produzieren. Zunächst wurden Transistoren nur in Koffergeräten und Autoradios eingesetzt, auch konnten nicht alle Röhren sofort durch Transistoren ersetzt werden.
Die Geräte wurden leichter gebaut und die Anodenspannung wurde nun mit einer Transistorschaltung (Transverter) erzeugt. Die Mischbestückung ließ die Geräte zwar kleiner und leichter sein, war aber nur eine Übergangslösung, die z.B. im „Stern 1“ vorhanden ist. Schon bald gab es volltransistorisierte Radios.
Das „Sternchen“ als erstes Transistorradio der DDR aus Sonneberg war über Jahre hinweg ein Verkaufsschlager und wird manchem Besucher dieser Internetseite noch in guter Erinnerung sein.
Stereofonie
Ein neues Medium, das Fernsehen lockte abends immer mehr Hörer vom Radio weg zur „Flimmerkiste“.
Einige Journalisten sahen schon das Ende des Mediums Radio, denn wer sollte, wenn es beim Fernsehen das Bild zum Ton gibt, noch Radio hören? Der Rundfunk musste also etwas zu bieten haben, was es beim Fernsehen (noch) nicht gab, die stereofone Übertragung. Dabei gab es ein Problem zu lösen: Die Stereosendung musste auch mit dem vorhandenen, erst wenige Jahre alten UKW Monoradio ohne Qualitätseinbuße in mono empfangbar sein.
Schallplatten und Tonbänder konnten das Stereo- Erlebnis schon bieten und Radios im oberen Preissegment hatten schon Stereo-Verstärker für NF-Stereowiedergabe, aber Radio konnte man nur in mono hören.
Ab 1964 wurden dann auch Stereosendungen übertragen. Die Radios erhielten einen Stereo-Decoder und der Schriftzug „HF-Stereo“ zeigte dem Käufer, dass jetzt auch Radio in stereo gehört werden konnte. In diese Zeit fällt auch die Ablösung der Röhren durch die Transistoren im Netzempfänger. Die Stereofonie macht die Trennung zwischen Radio und Lautsprechern nötig. Viele der hergestellten Geräte wurden auch exportiert. Neben den sozialistischen Bruderländern waren die Hauptabnehmer auch in Westeuropa zu finden. In der Bundesrepublik vertrieben der Technikgroßhändler Bruns und die Firmen Quelle und Otto die Geräte meist unter eigener Bezeichnung.
Der Trend in den 70er und 80er Jahren ging zur Komponentenanlage. Die Firma Rema in Stollberg steht in dieser Zeit für hochwertige Empfänger. Das Modell „Toccata“ mit aufwändiger Technik stellte über viele Jahre ein Spitzenmodell in den Geschäften dar. Auch heute noch überzeugen Empfang, Trennschärfe und Klang dieses Modells. Die Zusammenfassung mehrerer Transistorfunktionen in integrierten Schaltkreisen (IS,IC) macht neue Funktionalitäten im Radio möglich.
Die späten 80er Jahre bringen neue Empfängerkonzepte mit PLL-Abstimmung, digitaler Frequenzanzeige und elektronischen Speichertasten.
Die Wende lässt die ostdeutschen Radiohersteller schlagartig das erfahren, was sich in den alten Bundesländern eher schleichend abspielte. Die Preise werden aus Fernost vorgegeben und sind unter hiesigen Lohnverhältnissen nicht haltbar. Die meisten Betriebe gehen in Konkurs, von den überlebenden Firmen stellt keine mehr Radios her.
Radio heute
Die letzten Jahre brachten dem Radio die schrittweise Digitalisierung. Den Anfang machte dabei DSR, das digitale Satellitenradio. Hiermit war es möglich, echte CD-Qualität (unkomprimiert) bis zum Hörer zu bringen.
Leider waren hier von Anfang an nur für Minderheiten attraktive Programme aufgeschaltet, so dass DSR 10 Jahre lang fast unbemerkt existierte und dann wieder eingestellt wurde.
Zur Zeit existiert digitales Radio über Satellit. Das MPEG-Verfahren gestatte neben digitalen TV-Übertragung über Satellit auch die Übertragung von Radioprogrammen. Hierbei wird zur besseren Frequenzausnutzung Datenkompression angewandt. Alle Haushalte, die Fernsehen digital über Satellit empfangen, können diese Übertragungsart nutzen, sie dürfte zur Zeit (2005) am weitesten verbreitet sein.
Ein weiteres Verfahren ist DAB, das terrestrische Digitalradio. Es soll die UKW-Versorgung ergänzen und evtl. später einmal ersetzen. Auch DAB fristet derzeit ein Dasein, dass weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, obwohl es sich im Regelbetrieb befindet. Grund: wenige, unattraktive Programme (2 davon über UKW empfangbar) schrecken vor dem Kauf eines recht teuren DAB-Gerätes ab. Weiterhin ist der Versorgungsbereich so eingeschränkt, dass er nur wenige km über die Landesgrenzen hinausreicht. Also Programme aus Hessen, Sachsen, Bayern oder Niedersachsen können in Thüringen dann nicht mehr empfangen werden. Lediglich das Programmpaket Sachsen-Anhalt ist noch in Teilen Nordthüringens empfangbar. DAB wird also für den „verwöhnten“ Thüringer Hörer weniger Auswahl an Programmen als UKW bieten. Seine Vorteile spielt DAB beim mobilen Empfang aus, denn es ist ein Gleichwellennetz und Überschneidung von Versorgungsgebieten (innerhalb eines Bundeslandes) ergibt stabileren Empfang.
Auch die klassischen Rundfunkbereiche, also Lang-, Mittel- und Kurzwellen sollen Schritt für Schritt digitalisiert werden. DRM (digital radio mondiale) verspricht dem Hörer UKW-ähnliche Qualität (mono). Die zur Verfügung stehende Bandbreite von 9kHz erlaubt allerdings nur Übertragung geringer Datenraten. Das Ergebnis klingt zwar etwas besser als AM und Störungen sind weniger vorhanden, aber mit der Wiedergabequalität von UKW hat diese Übertragungsart recht wenig zu tun. Blecherner Klang und unnatürliche Zischlaute sind nichts fürs HiFi-verwöhnte Ohr. Hier liegt der Vorteil in der großen Reichweite. Ein starker Langwellensender könnte Zentraleuropa mit z.B. der Deutschen Welle versorgen und im Auto bei Auslandsfahrten deutschsprachige Programme in brauchbarer Qualität bieten.
Derzeit laufen Versuche vorrangig auf Kurzwelle. Hier zeigt sich ein großer Nachteil digitaler Übertragung. Bei Senderschwund oder Störungen bricht das Signal schlagartig ab. Dumm, wenn man gerade im Ausland damit Nachrichten hören möchte. Bei analogem Empfang ist bei Störungen oder Schwund vielleicht trotzdem noch möglich die Nachrichten zu verstehen.
Nicht unerwähnt bleiben soll die Möglichkeit des Internetradios. Hier wird die Entwicklung zum Massenmedium nicht stattfinden, da hier das Kommunikationsprinzip von einem Sender zu einem Empfänger zu Grunde liegt, d.h. für jeden Hörer die Daten gesendet werden müssen. Man überlege, welch riesige Datenmenge sich ergibt. Außerdem wird ein Computer benötigt, Kosten und Stromverbrauch stehen in keinem Verhältnis gegenüber bisherigen Methoden des Radiohörens.
Die digitale Übertragung wird das analoge Radio sicher langfristig ablösen. Dieser Prozess wird sich noch über Jahre hinziehen, auch sind noch technische Schwierigkeiten zu lösen.
Bleibt zu hoffen, dass dabei dem Hörer die gewohnte Programmauswahl erhalten bleibt und die Qualität der Übertragung steigt.