Die Geschichte des Fernsehens in Deutschland und Thüringen
Von Ingo Rosenblath
Anfänge
Die technische Entwicklung des Fernsehens geht bis ins Jahr 1883 zurück, als Paul Nipkow den ersten brauchbaren mechanischen Bildzerleger entwickelte. Es handelte sich um eine runde Scheibe mit spiralförmig angeordneten Löchern mit deren Hilfe es möglich war eine durchsichtige Bildvorlage in einzelne Bildpunkte zu zerlegen.
Am 15. Januar 1885 wurde vom kaiserlichen Patentamt darauf ein Patent ausgegeben. Doch damals war die Technik noch nicht so weit entwickelt um diese Erfindung brauchbar anzuwenden.
Erst in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts begann die Reichspost mit Fernsehversuchen nach diesem Verfahren. Trotz einiger Verbesserungen konnten die Ergebnisse der mechanischen Bildwiedergabe nicht befriedigen. Dennoch wurden 1929 die ersten drahtlosen Fernsehsendungen ausgestrahlt und die erste Fernsehnorm auf 30 Zeilen festgelegt.
Im Dezember 1930 gelang Manfred von Ardenne erstmals eine vollelektronische Übertragung von Bildern mittels Braunscher Röhre. Ein Elektronenstrahl überträgt helligkeitsgesteuert zeilenförmig die Bildinformation auf eine auf einer Glasscheibe innerhalb eines Vakuumzylinders angeordnete fluoreszierende Schicht.
Die 30iger Jahre
Auf der 8. Großen Deutschen Funkausstellung vom 21. bis 30. August 1931 zeigte die Firma Radio A.G.D.S. Loewe einen Fernsehempfänger mit einer Braunschen Röhre.
Es wurden 20 Bilder je Sekunde übertragen, die eine Auflösung von 100 Zeilen hatten. Diese Bilder waren schärfer und heller als die mit Nipkowscheiben wiedergegebenen Bilder. Die Braunsche Röhre wird auch heute noch in weiterentwickelter Form in fast allen Fernsehgeräten zur Bildwiedergabe benutzt.
Am 22. März 1935 begann in Deutschland der erste regelmäßige Fernseh-Programmdienst der Welt. Zu den Olympischen Spielen 1936 in Berlin erfolgten ständige Fernsehübertragungen. Es gab in Deutschland zu dieser Zeit aber nur wenige hundert Fernsehgeräte, denn ein Fernsehempfänger war zu teuer um ein Massengut zu werden und regelmäßige Fernsehsendungen waren auf Berlin beschränkt.
Zur Funkausstellung 1939 wurde der Einheitsfernsehempfänger "E1" vorgestellt. Er sollte 650,- Reichsmark kosten und so Fernsehen erschwinglich werden lassen. Inzwischen wurde mit 441 Zeilen und Zeilensprungverfahren eine Qualität erreicht, die etwa eines wiedergegebenen VHS-Videos entspricht (natürlich in schwarz-weiß).
Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges stoppte alle Pläne zur Massenherstellung des Einheitsfernsehempfängers. Die wenigen hergestellten Fernseher wurden in Lazaretten um Berlin zur Truppenbetreuung eingesetzt, bis im Dezember 1942 das Fernsehstudio in Berlin zerstört wurde.
Nachkriegszeit
Die Fernsehentwicklung nach dem Ende des 2. Weltkrieges fand auch in Arnstadt in Thüringen statt. Hier wurden trotz des generellen "Fernsehverbotes" in Deutschland Fernsehempfänger für die Sowjetunion entwickelt und gebaut.
Von Ende 1947 bis April 1948 wurden etwa 1000 "EFu T1" gefertigt. Einige dieser Geräte arbeiteten bereits nach der heute noch gültigen Fernsehnorm mit 625 Zeilen. Leider existieren von diesen Geräten nur noch einige Fotos. Mehr zum EFu T1 finden Sie auch im Artikel "Streng Geheim! Die Arnstädter Fernsehproduktion"
Damals wurde im SAG Sachsenwerk Radeberg der sowjetische "Leningrad T2" als Reparationsleistung gefertigt. Es handelt sich hierbei um den ersten in Deutschland in Großserie hergestellten Fernseher. Seine Bilddiagonale beträgt 23 cm.
Ab 21. Dezember 1952 gab es tägliche Sendungen mit öffentlicher Programmtätigkeit. Gesendet wurde in Berlin und ab 1953 auch in Leipzig. In diesen Städten gab es dann auch den "Leningrad" zu erstehen, sofern man sich den Luxus Fernsehen leisten konnte. Seine Bilddiagonale beträgt 23 cm. Im Juni 1952 begannen dann in der DDR die ersten Probesendungen des Fernsehens.
Ab den 50iger Jahren
Seit 1954 wurde der Fernsehempfänger "Rembrandt", eine Radeberger Eigenentwicklung, im Handel angeboten. Seine Bilddiagonale beträgt 30 cm.
Im Januar 1954 gelang auf dem Aussichtsturm der Cyriaxburg in Erfurt der Empfang des Leipziger Fernsehsenders. Der Empfang war starken Schwankungen unterworfen, aber so gut, dass man es wagte auch im Stadtgebiet Empfangsversuche zu starten. Hier konnten die Ergebnisse jedoch nicht befriedigen.
Damals war es ja auch schon fast eine Sensation, dass man überhaupt den über 100 km entfernten Sender empfangen konnte.
Der Thüringer Fernsehsender auf dem Inselsberg nahm am 8. September 1955 seinen Betrieb auf.
Inzwischen gab es aus Radeberg ein neues Fernsehgerät, den "Rubens". Auch er hatte eine 30 cm Bildröhre.
Die Fernsehtruhen "Clivia" und "Claudia" besaßen bereits 43 cm Bildröhren. Im September 1955 konnte man in den Schaufenstern der RFT-Fachfiliale in der Löberstrasse Fernsehsendungen vom Inselsberg sehen. Vom 1. bis 3. Oktober fand im Gildehaus eine Fernsehschau statt und viele Erfurter hatten damals die erste Gelegenheit Fernsehen zu erleben.
Die Fernsehindustrie der DDR erlebte in der zweiten Hälfte der 50er Jahre einen Aufschwung. Die Produktionszahlen stiegen und ab 1957 wurden auch in Staßfurt Fernseher hergestellt. Somit gab es zwei Großproduzenten für Fernsehgeräte. Ein Fernseher war damals ab stolze 1500 Mark zu haben und somit noch längst nicht für Jeden erschwinglich. Die Zahl der angemeldeten Fernsehgeräte stieg trotzdem weiter an. In einigen Teilen Thüringens konnte man ja auch schon zwei Fernsehprogramme empfangen.
Die ARD sendete aus dem Harz vom Hohen Meißner, vom Kreuzberg und vom Ochsenkopf aus nach Thüringen. Bald schon sah man sich genötigt, mit Flugblättern auf "das Gift aus dem Äther" aufmerksam zu machen. Genossen der SED mussten sich auch gleich den Westkanal aus ihrem Fernseher ausbauen lassen, um nicht doch die ARD zu erwischen. Wo all dies nicht half, wurde auch schon mal eine "Ochsenkopfantenne" beherzt entfernt.
Im Jahr 1962 konnte man in der ARD die erste Live-Sendung aus den USA über den Nachrichtensatelliten "Telstar" bewundern. Seit 1963 gab es in der Bundesrepublik auch ein Zweites Fernsehprogramm. Findige Bastler bauten in der DDR UHF-Konverter mit geschmuggelten Transistoren vom Typ AF 139 zum Empfang dieser Sender.
In der DDR ließ ein zweites Fernsehprogramm bis 1969 auf sich warten.
Am 20. Juli 1969 fesselte die erste Landung eines Menschen auf dem Mond die Zuschauer auf der ganzen Welt vor den Fernsehgeräten. Man konnte im eigenen Wohnzimmer live dabei sein und schlug sich gerne dafür die Nacht um die Ohren.
Das Farbfernsehen
In der DDR begannen die regelmäßigen Farbsendungen mit der Einführung des zweiten Programms zum 20. Jahrestag der DDR, dem 7. Oktober, bereits am 3.Oktober 1969. Die Entscheidung fiel auf das in Frankreich entwickelte Farbfernsehsystem SECAM. Der damalige politische Entschluss zu Gunsten von SECAM hatte zur Folge, dass man mit dem COLOR 20 (dem ersten volltransistorisierten Farbfernseher) nur die Sendungen des DDR-Fernsehens in Farbe sehen konnte.
Der hohe Preis der Farbfernsehgeräte und die in Thüringen relativ schlechte Versorgung mit dem 2. Fernsehprogramm sorgten dafür, dass sich das Farbfernsehen nur sehr zögerlich durchsetzte. Wer einen Farbfernseher besaß, wollte natürlich auch den Westen in Farbe sehen und so entstand ein florierender Schwarzmarkt mit PAL- Dekodern. Aus diesem Grund gab es ab Ende der siebziger Jahre auch Fernseher aus Staßfurt, die PAL und SECAM empfangen konnten.
1975 wurden in der Bundesrepublik Deutschland die ersten Videorecorder verkauft, die mit dem VCR-System arbeiteten und eine maximale Kassettenspieldauer von 1 Stunde hatten. Die DDR-Bürger konnten Ende der 80er Jahre im Handel Import-Videorecorder zum stolzen Preis von ca. 8000 Mark erwerben. Ein Farbfernseher "Colorett" kostete damals 6300 Mark, ein Schwarz-Weiß-Gerät ca. 1500 Mark.
Nachwort
Mit der Wende überrollte Thüringen eine Welle neuer Produkte. Vom Videorecorder über die Satellitenempfangsanlage bis zum PC sind audiovisuelle Geräte zur Selbstverständlichkeit geworden. Wer eine digitale Sat- Anlage sein eigen nennt, kann aus über 100 Fernsehprogrammen wählen. Der gute alte Fernseher ist ein Wegwerf-Produkt geworden, dessen Reparatur sich nach einem Defekt kaum noch lohnt.
Wir wollen in unserem Museum an fast 40 Jahre Fernsehgeräte aus der DDR erinnern. Vom "Leningrad" bis zum "Color 40" sind in unserem Raum "Fernsehtechnik" Geräte zu sehen. Die Gestaltung des Raumes stellt die auf uns zu rollende Welle von Informationen dar.
Fernseher, PC und Internet wachsen zu einem neuen interaktivem Medium zusammen und vielleicht gibt es den Fernseher, so wie wir ihn kennen, schon in wenigen Jahren gar nicht mehr...?